Am 17. November 2020 jährt sich die erste Demonstration der sogenannten Gelbwesten zum zweiten Mal. Wie ist die Bewegung eigentlich entstanden? Und was wurde aus ihr?
Vor genau zwei Jahren gab es überall in Frankreich Verkehrsstaus. Der Grund dafür waren rund 300'000 Personen, die an Strassenkreuzungen und anderen Orten, die wichtig für den Verkehr sind, demonstrierten. Dieser Protest war der erste von vielen folgenden. Es entwickelte sich eine soziale Bewegung, die als Gelbwestenbewegung bekannt wurde, da ihre Mitglieder gelbe Warnwesten tragen.
Vom Internet auf die Strassen
Auslöser der Demonstration war die Erhöhung der Benzinsteuer, die der französische Präsident Emmanuel Macron angekündigt hatte. Das machte viele Menschen wütend, vor allem solche aus der unteren Mittelschicht und der oberen Unterschicht. Die meisten von ihnen wohnen weit weg von den Städten, da die Mieten dort günstiger sind. Dadurch sind sie abhängig vom Autofahren, was durch eine höhere Benzinsteuer teurer geworden wäre. Das machte diese Bürgerinnen und Bürger sehr wütend, denn sie haben nicht viel Geld zur Verfügung: Obwohl sie viel arbeiten, ist ihr Lohn nicht hoch. Ihre Wut zeigten sie zuerst in den sozialen Medien. Dann folgten Aufrufe zum Protest, die von zahlreichen Menschen in ganz Frankreich unterstützt wurden. Schliesslich fand am Samstag, 17. November 2018, die erste landesweite Demonstration statt.
Mehr Forderungen an die Regierung
An jedem folgenden Samstag reisten die Gelbwesten vom Land zum Demonstrieren in die Städte, wobei es auch immer wieder zu Gewalttaten und Sachbeschädigungen kam. Je länger die Gelbwesten auf die Strasse gingen, desto mehr wollten sie von der Regierung neben der Abschaffung der Benzinsteuern. Zum Beispiel forderten sie zusätzlich eine Senkung aller Steuern und einen Mindestlohn. Viele wollten ausserdem, dass Emmanuel Macron von seinem Amt als Präsident Frankreichs abtritt, denn sie hatten das Gefühl, dass er sie nicht in seine Entscheidungen einbezieht und von oben herab behandelt.
Die Bewegung wurde kleiner
Über den Sommer und Herbst 2019 nahmen immer weniger Menschen an den Demonstrationen teil. Ein Grund dafür war mit Sicherheit, dass die Bewegung von Anfang an sehr uneinheitlich war. Sie besteht nicht aus Menschen mit gleichen Meinungen und Ansichten, was den Zusammenhalt beeinträchtigt.
Die Corona-Pandemie sorgte schliesslich dafür, dass die Gelbwesten gar nicht mehr auf die Strassen konnten. Aber hatten die Proteste bis dahin überhaupt etwas gebracht? Zum Teil. Die französische Regierung hat auf ein paar der Forderungen reagiert. Zum Beispiel hat sie die Steuern auf Benzin nicht erhöht und den Mindestlohn um 100 Euro pro Monat angehoben.
Die Gelbwesten sind nicht verschwunden
Wie steht es heute um die Gelbwesten? Seit im Mai 2020 in Frankreich der Corona-Lockdown aufgehoben wurde, protestierten sie ein paar Mal in kleinem Rahmen. Da aber aktuell wieder strenge Massnahmen zur Bekämpfung des Virus eingeführt wurden, ist das jetzt zum wiederholten Mal nicht mehr möglich. Die Bewegung ist daher wie am Anfang vor allem im Internet aktiv.
Ganz verschwinden wird sie wahrscheinlich noch eine Weile nicht. So lange sich die Gelbwesten benachteiligt und von der Regierung nicht gehört fühlen, werden sie sich weiterhin in irgendeiner Form bemerkbar machen und Forderungen stellen – wenn auch nicht so laut wie am Anfang.
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