Am jährlichen Tag der Gebärdensprache sollen heute diejenigen Menschen im Fokus stehen, die gehörlos sind.
„Hei, pass auf!“, ruft dir jemand zu. Erstaunt schaust du von deinem Handy auf. Uff, Glück gehabt, fast wärst du in einen Pfosten reingelaufen, so vertieft in deinen Bildschirm warst du. Zum Glück hast du die Warnung rechtzeitig gehört, das hätte sonst ganz schön wehtun können.
Nicht für alle aber wäre diese Situation gleich verlaufen, wie für dich. Denn stell dir vor, weltweit gibt es rund 70 Millionen gehörlose Menschen. Die Gehörlosigkeit ist in manchen Fällen genetisch, kann aber beispielsweise auch durch eine Infektionskrankheit oder durch Komplikationen bei der Geburt ausgelöst werden. In der Schweiz sind es ungefähr 10‘000 Personen, die seit ihrer Geburt nichts oder fast nichts hören können.
Diese Menschen sind aber angewiesen, in ihrem Leben mit ihren Mitmenschen kommunizieren zu können. Die Allermeisten von ihnen verwenden dafür die Gebärdensprache.
Regionale Unterschiede
Die Gebärdensprache besteht wie unsere so genannte „Lautsprache“ auch aus einem Alphabet – geformt mit den Händen. Es ist also eine Sprache, die über das Auge aufgenommen wird, eine so genannt visuelle Sprache. So können alle Buchstaben zu Worten und Sätzen verbunden werden. Viele Begriffe werden in der Gebärdensprache aber nicht buchstabiert, sondern werden in einem Zeichen dargestellt. Zum Beispiel beide Hände gefaltet an die Seite des Kopfes als Zeichen für „schlafen“.
Neben den Händen arbeitet die Gebärdensprache aber auch mit dem Gesichtsausdruck (der Mimik) und mit dem Mund, der die Worte in der Lautsprache ausspricht. Diese unterstützen vor allem, wenn es für drei verschiedene Worte nur eine Gebärde gibt. (SRF-Beitrag)
Wie auch bei unseren gesprochenen Sprachen gibt es nicht eine einzige Gebärdensprache für alle gehörlosen Menschen auf der Welt. Forscher schätzen, dass sogar über 200 Varianten der Gebärdensprache existieren. In der Schweiz gibt es neben der hochdeutschen Gebärdensprache nämlich sogar fünf verschiedene schweizerdeutsche Dialekte. Es bestehen aber durchaus einige Zeichen, die unter den Gehörlosen weltweit ähnlich dargestellt sind.
Wenn die eigene Sprache verboten wird
Über die Geschichte der Gebärdensprache gibt es Forschungen, die ungefähr 200 Jahre zurückreichen. In der Schweiz waren es vor allem Mönche und Pfarrer, die sich damals in Schulen um gehörlose Menschen kümmerten. Am Anfang dienten die Gebärden nur dazu, die gesprochene Sprache zu verdeutlichen. Unter den Gehörlosen verbreiteten sie sich trotzdem und wuchsen zu einer eigenen Sprache heran.
Im 19. Jahrhundert aber, wurde die Gebärdensprache sogar verboten. Primitiv wurde sie genannt und man wollte alle Kinder so dazu zwingen, die „normale“ Lautsprache zu lernen. Das Verbot ging weit über die Schweiz hinaus und hat in manchen Ländern wie zum Beispiel Frankreich über hundert Jahre lang gehalten.
Trotz des Verbots kommunizierten Gehörlose weiterhin mit der Gebärdensprache und begannen, für ihre Rechte und gegen die Diskriminierung ihrer körperlichen Behinderung zu kämpfen. Sie wollen zum Beispiel mehr Unterstützung in Form von Untertiteln oder technischen Hilfsmitteln im Alltag erreichen.
Vor 70 Jahren wurde in Rom der Weltverband der Gehörlosen gegründet, der sich für Gleichberechtigung von gehörlosen Menschen einsetzt. Zur Erinnerung an diesen Tag wird am 23. September jedes Jahr der Tag der Gebärdensprache gefeiert.
Versuch es doch auch einmal und übersetze deinen Namen mithilfe des Fingeralphabets.
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