Eine Person im Rollstuhl steigt mit Hilfe eines mobilen Rampenlifts in einen Schweizer Zug ein.
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Barrierefreiheit im ÖV

3.01.2024
Kathrin Hausammann
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Machst du manchmal einen Ausflug mit dem Zug oder Bus? Gehst du vielleicht sogar mit dem ÖV zur Schule? In der Schweiz ist das ja ganz einfach und bequem: Kurz den Fahrplan checken, Anschlüsse prüfen und schon kann es losgehen. Für Menschen im Rollstuhl gilt das leider nicht. Ohne detaillierte Planung kommen sie kaum von A nach B.

Stell dir mal folgende Situation vor: Die 13-jährige Sina sitzt seit ihrer Geburt im Rollstuhl. Sie wohnt in einem Quartier in Bern und geht dort in die siebte Klasse. Nun möchte sie am Wochenende ihr Gotti besuchen, die in Zürich wohnt. Sina will alleine mit Tram und Zug reisen. Das geht nur mit einer genauen Planung und Unterstützung von anderen Menschen. An der Bushaltestelle braucht sie eine Rampe, die der Buschauffeur ausklappen muss, damit sie in den Bus fahren kann. Beim Hauptbahnhof Bern muss sie sich telefonisch voranmelden, damit sie dann mit einer sogenannten Hebebühne in den Zug gebracht werden kann. Die Hebebühne kann nur von Bahnmitarbeitenden bedient werden. Ob sie am Zürcher Hauptbahnhof selbstständig aussteigen und in das Tram umsteigen kann, weiss sie nicht. Also muss sie auch dort anrufen und sich erkundigen.

Jede dritte Haltestelle nicht barrierefrei

Du denkst dir jetzt sicher, wow, was für ein Aufwand, nur für einen Besuch in Zürich. Ja, leider ist diese Beispiel-Geschichte für Menschen im Rollstuhl tatsächlich Realität. Jede dritte Bus-, Tram- oder Zug-Haltestelle in der Schweiz ist immer noch nicht barrierefrei. Das heisst, Menschen mit einer Behinderung können nicht selbstständig reisen. Und das, obwohl die Transportunternehmen zwanzig Jahre Zeit hatten, die Haltestellen entsprechend umzubauen.

Gesetz will Gleichstellung

Denn vor zwanzig Jahren trat das Behindertengleichstellungsgesetz in Kraft. Das Gesetz beinhaltet viele Punkte, die erfüllt werden müssen, damit Menschen mit einer Behinderung den Menschen ohne Behinderung gleichgestellt sind. Dazu gehört auch, dass Gebäude und Bahnhöfe so gebaut werden, dass Menschen mit einer Behinderung ohne Hilfe von anderen Menschen zurechtkommen. Nun haben die Transportunternehmen dieses Ziel weit verfehlt. Wie kann das sein?

Hohe Kosten oder Teilhabe?

Begründet wird das vor allem mit hohen Kosten und sogenannter „Unverhältnismässigkeit“. Damit ist gemeint, dass der Aufwand für einen Umbau eines Bahnhofs zu gross sei, weil die Barrierefreiheit ja nur wenige Menschen betreffe. Ist diese Haltung in Ordnung? Sollte es nicht viel eher darum gehen, möglichst vielen Menschen ein eigenständiges Leben zu ermöglichen? Organisationen, die sich für Menschen mit Behinderung einsetzen, sind jedenfalls enttäuscht. Dass immer noch so viele Haltestellen nicht barrierefrei sind, zeige, dass es den Unternehmen einfach zu wenig wichtig sei, allen Menschen die Haltestelle zugänglich zu machen. Ich habe ehrlich gesagt auch diesen Eindruck – und das stimmt mich ziemlich nachdenklich.

Nun bist du dran

Was sagst du zu dieser Geschichte? Ist es richtig, dass Menschen mit einer Behinderung nicht alleine reisen können? Was sollte deiner Meinung nach gemacht werden, damit sich dies ändert?

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