Der Präsidentschaftskandidat der Koalition der Freiheitlichen Fortschritte, Javier Milei, spricht zu Anhängern vor seiner Wahlkampfzentrale, nachdem er die Stichwahl in Buenos Aires, Argentinien, gewonnen hat, Sonntag, 19. November 2023. Rechts seine Freundin Fatima Florez.
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Die Wut siegt

22.11.2023
Lars Ziörjen
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Wenn man sich die Präsident*innen der Erde anschaut, stellt man fest, dass sehr viele wütende Menschen die Macht erlangen. Begonnen mit Donald Trump, der nächstes Jahr erneut Präsident werden möchte, über Wladimir Putin, hin zu Giorgia Meloni… seit letztem Sonntag wird auch Argentinien von einem wütenden Präsidenten regiert. Woher kommt die Wut? Und wieso erlangt sie Macht?

Wut gegen das Establishment

Das Wort “Establishment” (=Einrichtung, Festsetzung) wird oft im Zusammenhang damit verwendet, wenn man die Wut der Völker und die Wut der Mächtigen einordnen möchte. Viele sind wütend gegenüber alten, festgefahrenen Systemen. Auch in der Schweiz gibt es viele Stimmen, die “däne dert ds Bärn” nicht mehr vertrauen. Die altbekannten politischen Systeme werden kritisiert. Das Vertrauen schwindet. Lautstarke Gruppierungen und Parteien wie die AfD in Deutschland, das Rassemblement National in Frankreich oder die Republikaner in den USA gewinnen an Einfluss. Die Kritik an alten Systemen ist laut, auf Fehler wird deutlich hingewiesen. Selbst, wenn Problemlösungen nicht immer ersichtlich sind, erhalten diese Parteien grossen Einfluss; ebenfalls wütende Mitbürger*innen fühlen sich in ihren Ängsten und Sorgen unterstützt und gehört. Parteien und Personen, die mit diesen Ängsten arbeiten und spielen, erlangen die Macht; oftmals nicht zum Wohle des Volkes, was jedoch zu spät erkannt wird. Beruhigende, leisere Kräfte können sich in diesem Kreislauf zu wenig behaupten und wehren sich nach Möglichkeit, das Feld den Lärmigeren zu überlassen.

Das kennst du vielleicht auch aus deinem Leben? Wenn in deiner Klasse jemand lauter, kräftiger und dominanter ist und dabei nicht immer wirklich etwas zu sagen hat? Oder wenn jemand einfach auffällt und somit die Aufmerksamkeit der Lehrperson erlangt, womöglich zum Leidwesen der Stilleren? In der Weltpolitik hat sich diesbezüglich nicht vieles verändert.

Javier Milei: ein Gewählter aus Wut

Argentinien ist zwar Fussballweltmeister, ansonsten ein schwaches, krankes Land. Nun wird der ultra-rechte Politiker Javier Milei Präsident. Die Wut hat über die Angst gesiegt. Während seines Wahlkampfes meinte er, er wolle Argentinien mit der “Kettensäge zersägen” und erneuern. Im Staat sieht er eine “kriminelle Organisation”, seine Kritiker*innen bezeichnet er als “Unmenschen” und selbst den Papst, ein Argentinier, bezeichnet er als “lausigen Linken”. Er ist gegen das Recht auf Abtreibungen und glaubt nicht an den “menschgemachten Klimawandel”. Trump ist gemäss Social Media stolz auf ihn und seine Wahl. Seine radikale Art führt zum Erfolg - und womöglich zu vielen Schwierigkeiten im südamerikanischen Land. Spaltung als Mittel zum Erfolg. Wie in den USA, in Deutschland, in Russland…

Was bleibt uns? Nun bist du dran

Liebe Lesenden, ihr seid die Zukunft, die Gesellschaft von morgen. Lest vieles, lest genau, glaubt nicht alles, was (auf Tiktok oder wo auch immer) erzählt und herumgebrüllt wird…und bildet euch eure Meinung! Wut ist eine Emotion, die sich anschauen lässt, die sich beruhigen lässt. Was macht dich wütend? Wie gehst du damit um? Wie gehen deine Eltern mit Wut um? Weisst du, was sie wütend macht, wie sie mit Wut umgehen? Sprecht miteinander, hört einander zu. Das ist bereits eine Basis, um dereinst nicht aus der Wut heraus irgendwelche Lautsprecher ohne Inhalt zu wählen.

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