Die Zwiebeln sind los

24.11.2021
Nicole Emch
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Immer am vierten Montag im November findet in Bern der traditionelle Ziebelemärit statt. An diesem Tag widmet sich alles der Zwiebel. Nachdem das Volksfest letztes Jahr wegen der Corona-Pandemie abgesagt werden musste, roch diesen Montag wieder alles nach Zwiebeln- und Käsekuchen und die Strassen der Altstadt waren voller Konfetti.

Schon am Morgen früh sind tausende Besucher*innen in den Gassen der Altstadt Bern unterwegs. Die ersten sind schon ab 4:00 Uhr da und halten Ausschau nach den schönsten Zwiebelzöpfen. Der Märit dauert den ganzen Tag und endet offiziell um 18:00 Uhr. Danach wird beim Abendessen oder an Partys weitergefeiert.

Ursprünglich deckte sich die Bevölkerung Ende November auf dem Markt mit Vorräten für den Winter ein. Wie genau der Zibelemärit entstanden ist, dazu gibt es aber unterschiedliche Geschichten. Schon im 15. Jahrhundert fand jeweils ein grosser Markt statt, dort wurde alles verkauft, ausser Zwiebeln. Deshalb soll dann ein separater Markt nur für Zwiebeln entstanden sein. Eine andere Legende sagt, dass der Zibelemärit seinen Ursprung im grossen Brand von 1405 hat. Über 600 Häuser brannten damals in Bern nieder. Mehr als 100 Menschen starben. Die Berner erhielten bei diesem Unglück Hilfe von den Freiburgern. Als Dank dafür, durften diese von da an ihre Zwiebeln immer im Herbst in Bern verkaufen. So oder so, die Tradition hat sich bis heute fortgesetzt und wird nun sogar von der UNESCO als «lebendige Tradition» aufgelistet. So erstaunt es nicht, dass Bern an diesem Tag jeweils so voll ist, wie sonst kaum je. Besucher_innen aus der ganzen Schweiz aber auch Tourist_innen aus dem Ausland kommen nach Bern, um die lebendige Tradition selbst zu erleben. Dass der Ziebelmärit wegen einer Pandemie nicht stattfinden konnte, war letztes Jahr übrigens nicht das erste Mal. Schon 1919 gab es wegen der Maul- und Klauenseuche keinen Märit.

Für Bern ist der Zibelemärit eine wichtige Tradition. Viele Schulkinder haben an diesem Tag frei, auch sie sind dann in der Stadt unterwegs. Am Morgen früh treffen sich jeweils auch wichtige Leute aus der Politik, Journalisten und Lokal-Promis an verschiedenen Orten. Am Mittag wird von den Stadtschütz*innen zudem der «Oberzibelegring»-Titel vergeben. Diese Auszeichnung erhält immer eine Person, die einen besonderen Einsatz für die Gemeinschaft geleistet hat. Zum Zibelmärit gehören seit langem auch die bunten Konfetti. Wenn man nicht aufpasst und mit staunendem Gesicht durch die Gassen geht, hat man schnell einmal eine «Hampfele» Konfetti im Mund. Am Nachmittag ist die Konfettischlacht jeweils besonders gross. Auch vor den kleinen Gummi-Hämmern muss man sich in Acht nehmen. Und wenn man trotzdem einen Schlag mit dem Hammer auf den Kopf erhält, tut es zum Glück nicht weh. Diese Tradition gibt es übrigens auch an anderen Volksfesten. An der Basler Fasnacht oder am Thuner Fule Hung wurden früher gefüllte Schweine-Blasen geschwungen. In der Stadt Porto in Portugal kommen die Gummi-Hämmer immer am São João Fest zum Einsatz. Früher hauten sich die Einheimischen allerdings mit Knoblauch auf den Kopf, es soll Glück bringen.

Zurück nach Bern: ein weiterer Zibelemärit-Brauch ist nur etwas für Mutige: das traditionelle Zibeleschwümme. Beim Schönausteg treffen sich jeweils über hundert Wagemutige, um gemeinsam die ca. 350 Meter in der Aare bis ins Marzili zu schwimmen. Da das Wasser sehr kalt ist, ist dies nur für geübte Schwimmer*innen eine gute Idee.

Die Zwiebel – ein Super-Gemüse

Zwiebeln in allen Grössen und Formen, soweit das Auge reicht, das ist der Zibelmärit. Mit Trockenblumen dekoriert und als Zopf geflochten können die Zwiebeln später in der Küche aufgehängt werden. Für die Kinder gibt es Tiere aus Zwiebeln. Auch beliebt sind die bunten Halsketten, die mit Bonbons gefüllt sind. Ein Klassiker für Jung und Alt ist der warme Ziebelchueche. Es wird schnell klar, die Zwiebel ist der Star an diesem Tag im November. Im Rekordjahr 2014 wurden sagenhafte 60 Tonnen Zwiebeln verkauft. Wer nun Hunger hat, braucht sich keine Sorgen zu machen. 12'000 Zibelechüeche sind jeweils bereit zum Essen. Auch beim Dessert ist die Auswahl gross: gebrannte Mandeln, Nidletäfeli oder warme Apfelküchlein lassen einem das Wasser im Mund zusammenlaufen.

Doch was macht man mit den gekauften Zwiebeln zuhause? Die Zwiebel gehört zu den beliebtesten Gemüsesorten. Sie wird schon seit Jahrtausenden angebaut und in den Küchen weltweit eingesetzt. Sie wird in vielen Gericht verkocht und kann vielseitig eingesetzt werden. Zudem kann sie gut und lange gelagert werden. Man kann sich am Zibelemärit also ohne schlechtes Gewissen bedienen und einen kleinen Vorrat für den Winter besorgen. Doch nicht nur zum Kochen wird die Zwiebel eingesetzt. Sie ist auch eine Heilpflanze und ein traditionelles Hausmittel für Krankheiten aller Art. Wer zum Beispiel starke Ohrenschmerzen oder Husten hat kann es mal mit einem Zwiebelwickel probieren. Auch bei Insektenstichen soll die Zwiebel helfen. Dass beim Schneiden oft Tränen fliessen hat übrigens mit den Schwefelverbindungen zu tun, die in Zwiebeln enthalten sind. Wenn man an all die positiven Eigenschaften der Zwiebel denkt, gilt trotzdem: Augen zu und durch!

Nun bist du dran

Warst du schon mal am Ziebelmärit in Bern? Wenn ja, wie hat es dir gefallen? Gehörst du zu den Frühaufsteher*innen oder gehst du lieber gemütlich erst am Nachmittag in die Stadt? Welches ist dein liebstes Volksfest und was wird dort gefeiert?

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