Tlemcen ist die Hauptstadt der gleichnamigen Region im Nordwesten von Algerien. Nur wenige Kilometer trennen die lebhafte Stadt mit dem Nachbarn Marokko. Die Grenzen beider Länder sind aber seit Jahrzehnten geschlossen. Sie sind sich über den Sahelkonflikt im Süden beider Länder nicht einig.

In Tlemcen lebt Soulaf. Sie ist 13 Jahre alt und wohnt mit ihren Eltern und ihren drei Schwestern in einem Aussenviertel der Stadt. Das Haus, in dem die Familie wohnt, teilen sie mit den Grosseltern und den Familien zweier Onkel, Brüder des Vaters. Jede Familie besitzt ihre eigene Wohnung.

“Unsere Wohnung betritt man durch einen grossen Eingangsbereich, den wir als Wohnzimmer nutzen. Ausser der Küche und dem Badezimmer gibt es zwei Schlafzimmer. In einem schlafen meine Eltern und meine kleine Schwester Warda. Sie ist 30 Monate alt. Das andere Schlafzimmer teile ich mit meiner Schwester Inas (15 Jahre) und Basma, 8 Jahre alt. Wie meine Schwestern helfe auch ich der Mutter im Haushalt. Zu meinen Pflichten gehören unter anderem, meine kleinen Schwestern zu hüten, wenn unsere Mutter nicht zu Hause ist. Ich helfe die Zimmer aufzuräumen, und putze in der Küche.

Ich besuche die Ali Thani Benamar Schule und ich bin im 3. Kurs Oberstufe. Ich verlasse jeden Morgen von Sonntag bis Donnerstag das Haus um 7 Uhr 30. Der Schulweg dauert eine halbe Stunde. Unterwegs treffe ich auf meine Cousinen und Freundinnen. In unserer Klasse sind wir 39 Schüler*innen. Eigentlich besuche ich gerne die Schule. Wenn mich aber Mitschüler ärgern, würde ich lieber zu Hause bleiben. Ich bin gerne für mich alleine. Mein Vater meint, ich sei etwas schüchtern. Meine Lieblingsfächer sind Arabisch und Religion. Ich möchte alles über meine Religion, den Islam wissen. Die arabische Sprache ist sehr blumig, was ich liebe. Französisch zum Beispiel ist dagegen eine sehr trockene Sprache. Nach der Schule erledige ich meine Hausaufgaben, helfe der Mutter und schaue fern. Während der Schulferien sind wir oft bei der Grossmutter.”

Vom Heute und vom Morgen

“Meine Berufswünsche sind noch unklar. Ich wäre gerne Journalistin, denn ich Reise gerne. Daher vielleicht auch mein zweiter Wunsch, Pilotin zu werden. Als erstes Reiseland würde ich in die Türkei, nach Istanbul reisen. Gerne würde ich auch mit meinen Eltern die Pilgerreise nach Saudi Arabien unternehmen.

Meine Schwestern und ich erhalten kein Taschengeld. Wenn wir etwas brauchen, sagen wir es der Mutter.

Ich liebe das traditionelle algerische Essen wie die Suppen Harira und Shurba. Unsere Süssigkeiten sind mit viel Honig gebacken, was ich zu Tee oder Kaffee liebe. Sonst trinke ich gerne kohlensäurehaltige Getränke.


Sollte ich Besuch aus dem Ausland bekommen, würde ich ihn zuerst bei uns zu Hause willkommen heissen (Markhaba) und zum Essen einladen. Danach zeige ich ihm auf einem Spaziergang die Schönheiten und Monumente Tlemcens. Wir haben viele alte Moscheen, alte Stadtmauern und Festungen und einen Königspalast. Ich liebe es, durch den farbenfrohen Markt zu schlendern. Da gibt es viel zu sehen und zu kaufen. Die imposante Markthalle stammt aus der Zeit der Franzosen. Im unteren Geschoss werden Fisch und Fleisch angeboten. Im ersten Stock frisches Gemüse und Obst. Ich mag es, mit Grossmutter hier einzukaufen.”