Zappelphilipp, Träumerin – Krankheit oder Wesensart?

21.12.2021
Kathrin Hausammann
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Menschen sind verschieden. Die einen sind laut und aktiv, die andern ruhig und besonnen. Die einen sind wissbegierig und fokussiert, die andern genügsam und verträumt. Nun gibt es aber auch Wesensarten, die als Krankheit oder Störung gelten. Dies, weil sie die Entwicklung der Menschen hindern oder deren Umgang mit anderen Menschen erschweren. Eine davon ist ADHS – das Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Syndrom.

ADHS steht für das Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Syndrom. Die typischsten Merkmale von ADHS sind Unaufmerksamkeit („nicht bei der Sache sein“), Hyperaktivität („immer in Bewegung“) sowie Impulsivität („Wutanfälle“). Die Merkmale können aber unterschiedlich stark auftreten. Manchmal trifft auch nur das eine oder andere Merkmal zu. Man spricht daher von drei Typen von ADHS: vom vorwiegend hyperaktiv-impulsiven Menschen – oder anders gesagt vom „Zappelphilipp“, der nie stillsitzen kann; von dem Menschen, der zu wenig aufmerksam ist oder häufig abgelenkt wird – oder anders gesagt von der Träumerin oder vom Träumer. Und dann gibt es noch diejenigen Menschen, die sowohl Schwierigkeiten haben mit der Aufmerksamkeit als auch hyperaktiv, also stets in Bewegung sind.

Krankheit der modernen Gesellschaft?

Dass ADHS eine Krankheit oder eine Störung ist, wird heute kaum mehr bestritten. Aber es ist doch auffällig, dass die Diagnose viel häufiger gestellt wird als früher. Es wird daher immer wieder die Frage gestellt: Hat unsere moderne Gesellschaft zu dieser Krankheit geführt? Macht unsere Gesellschaft diese Menschen krank? Die Antwort ist nein, aber. Man weiss heute, dass eine Veranlagung für ADHS in den Genen steckt, sprich angeboren ist. Aber die Krankheit wird oft erst sichtbar, wenn ein Kind in den Kindergarten oder in die Schule kommt. Denn da werden Fähigkeiten gefragt, mit denen ein Mensch mit ADHS Mühe hat, zum Beispiel: stillsitzen, aufmerksam zuhören, sich an Regeln halten, Gefühle kontrollieren, mit anderen Kindern umgehen. Häufig haben die Kinder auch eine Schwäche beim Lesen und Schreiben oder Rechnen.

Oft Aussenseiter*innen

Kinder mit ADHS werden oft zu Aussenseiterinnen und Aussenseitern in der Schule. Die „Zappelphilipps“ fallen meistens auf. Sie brauchen viel Aufmerksamkeit von den Lehrpersonen. Die „Träumerinnen und Träumer“ hingegen verpassen oder vergessen vieles. Sie sind oft eher unsicher und verschlossen und gehen in der Klasse eher etwas unter. Klar ist, die Kinder sind anders. Und sie brauchen eine passende Betreuung und einen passenden Umgang. Wenn das ADHS nicht erkannt und behandelt wird, kann das für die Betroffenen schwere Folgen haben. Sie verlieren zum Beispiel in der Schule den Anschluss mit dem Lernstoff, finden keine Freunde und haben später Mühe eine Lehre oder einen Job zu finden.

Positive Seiten von ADHS

Mit der richtigen Begleitung können Menschen mit ADHS aber sehr gut leben und sich entwickeln. In Therapien lernen sie, ihr Verhalten zu steuern und sich so selbst zu helfen. Es ist aber auch wichtig, dass die Eltern, Freunde und Lehrpersonen wissen, was dem Kind hilft. Wie zum Beispiel ein Arbeitsplatz im Schulzimmer eingerichtet werden soll, damit sich das Kind wohl fühlt. Es ist deshalb wichtig, dass alle Menschen im Umfeld des Kindes einbezogen werden. So hat das Kind auch die Chance, die positiven Seiten von ADHS zu zeigen. Denn Menschen mit ADHS sind oft sehr kreativ. Sie können auch sehr motiviert und begeistert sein, wenn ihnen eine Aufgabe gefällt. Und sie haben oft einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn und sind sehr hilfsbereit. Es lohnt sich also, diese Menschen in einer Gruppe zu integrieren und sie nicht auszustossen. Denn Verschiedenartigkeit und Vielfalt macht unsere Gesellschaft doch erst so richtig spannend.

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