Zwischen Verantwortung und Krieg
Am 29. November 2020 wird die Schweizer Bevölkerung wieder an die Urne gebeten. Es finden Abstimmungen zu zwei intensiv diskutierten Initiativen statt. Am meisten gestritten wird über die Konzernverantwortungsinitiative.
Die Politik stellt Regeln auf für unser Zusammenleben. Weil sich die Welt und unser Leben verändern, müssen auch die Regeln immer wieder angepasst werden. Werden in der Schweiz zu einer Initiative 100‘000 Unterschriften von Schweizer Bürgerinnen und Bürgern gesammelt, kann diese eingereicht werden. So wird die ganze Bevölkerung auf das Problem aufmerksam gemacht. Denn die Initianten wollen, dass dieses Problem gelöst wird. Häufig sind die Forderungen solcher Initiativen ziemlich streng und umfassend. Sie tragen meist einen gutklingenden Namen und geniessen beim Start des politischen Prozesses breite Unterstützung. Bei einer näheren Prüfung stellt sich jedoch oft heraus, dass die Forderungen zwar gut gemeint, jedoch in der Praxis schwierig umzusetzen sind. Doch es braucht diese Initiativen. Sie sind das Gaspedal der Schweizer Politik, sie sorgen für Veränderungen und Weiterentwicklung. Um was geht es in den Abstimmungen im November?
Die Konzernverantwortungsinitiative – Für verantwortungsvolle Unternehmen, zum Schutz von Mensch und Umwelt
Schweizer Unternehmen sollen mehr Verantwortung für Geschäfte im Ausland übernehmen. Das ist das Ziel der Initiative. Dabei sollen die Schweizer Unternehmen auch ihre Lieferanten und Tochterfirmen unter die Lupe nehmen. Das heisst sämtliche kleinere oder grössere Firmen, welche Arbeiten für das grosse Schweizer Unternehmen vornehmen, müssen kontrolliert werden. Wird zum Beispiel bei einer Arbeit im Ausland jemand verletzt oder es werden ungesunde Stoffe frei, dann muss das Grossunternehmen dafür bezahlen. Das ist das Ziel der Personen, welche die Initiative eingereicht haben.
Der Bundesrat und das Parlament sind der Meinung, das dies zu weit geht. Das Problem: Die Schweiz als Wirtschaftsstandort wird damit geschädigt. Dazu kommt, dass diese Initiative nur für Schweizer Unternehmen gilt. Der Bundesrat und das Parlament wollen international handeln und keinen Alleingang starten. Deshalb haben Bundesrat und Parlament einen Gegenvorschlag ausgearbeitet. Dieser ist international abgestimmt und nimmt die Unternehmen in die Pflicht: Sie müssen Berichterstattungen und Sorgfalt Prüfungen durchführen. Bei Verstoss werden sie finanziell gebüsst, jedoch jedes Unternehmen in seinem Land. Der Gegenvorschlag tritt in Kraft, wenn die Initiative abgelehnt wird und kein Referendum eingereicht wird.
Du willst mehr wissen? Wir haben von zwei Politikerinnen jeweils einen Gastkommentar erhalten. Zum einen erklärt dir die Präsidentin der FDP des Kanton Luzern, Jacqueline Theiler, warum sie gegen die Initiative ist, zum anderen zeigt dir die Präsidentin der Jungen Grünliberalen des Kanton Bern, Corina Liebi, warum sie dafür ist. Ihre Kommentare findest du in den PDFs unten.
Referendum
Nach einem Beschluss des Bundesrats und Parlaments kann die Bevölkerung ein Referendum einlegen. Das heisst, es kann in diesem Fall den Gegenvorschlag nicht akzeptieren. Zu einer erneuten Aufnahme der Vorlage, also der Überarbeitung des Gegenvorschlags kommt es, wenn innerhalb von 100 Tagen mind. 50‘000 Unterschriften oder 8 Kantone das Referendum einreichen.
Gastkommentare
Kriegsgeschäfte-Initiative – Für ein Verbot der Finanzierung von Kriegsmaterialproduzenten
Die Kriegsgeschäfte-Initiative hat zum Ziel, dass keine Banken oder Pensionskassen der Schweiz mehr in die Herstellung von Kriegsmaterial investieren. Heute gilt bereits das Verbot, dass die Schweiz Atomwaffen, biologische Waffen und chemische Waffen nicht finanzieren oder mit ihnen handeln darf. Die Initiative will das bestehende Verbot jetzt aber erweitern. Dabei sollen Banken wie die Nationalbank, Pensionskassen und Stiftungen auf keine Art und Weise mehr Waffenproduzenten finanzieren dürfen. Die Initiative will, dass kein Geld mehr in die Entwicklung von Kriegsmaterial fliessen kann. Als Kriegsmaterialproduzenten gelten Unternehmen, welche mehr als 5% von ihrem Umsatz mit Kriegsmaterial erwirtschaften. Das bedeutet jedoch, dass mehr als nur die Unternehmen, die nur Waffen oder weiteres Material für die Kriege produzieren, davon betroffen sind. Auch Unternehmen der Flugzeugindustrie sind betroffen. Diese transportieren zwar in erster Linie Personen von A nach B, jedoch stellen diese auch oftmals Material für Flugzeuge her, unter anderem auch Kampfflugzeuge. Es gibt auch kleinere Unternehmen, welche zum Beispiel Schrauben herstellen, die nur für Panzer im Krieg verwendet werden. In diese Firmen darf gemäss der Initiative nicht mehr investiert werden. Der Bund soll sich also national und international dafür einsetzen, dass Banken, Stiftungen und Versicherungen nicht mehr in Kriegsmaterial investieren dürfen. Bundesrat und Parlament lehnen die Initiative ab. Zum einen befürchten sie negative Folgen für die Wirtschaft und auch für die Kassen, welche uns finanziell unterstützen wie die AHV oder IV. Die Initiative geht gemäss Bundesrat und Parlament zu weit, denn Kriege können wir so nicht verhindern: Die Initiative gilt nur für die Schweiz und würde daher vor allem unsere Wirtschaft schwächen und mit dem bestehenden Verbot, stoppt die Schweiz bereits die Massenvernichtungswaffenproduktion.
Atomwaffen
Eine Atomwaffe ist eine Massenvernichtungswaffe. Durch die Explosion einer Atomwaffe werden Strahlungen, Druckwellen und Hitze frei, welche in kurzer Zeit ganze Städte vernichten können. Dazu kommt, dass die Luft noch für lange Zeit beschmutzt ist und für den Menschen langzeitige Gesundheitsschäden mit sich bringen kann.
biologische Waffen
Auch biologische Waffen gehören zu den Massenvernichtungswaffen. Dabei werden Krankheitserreger oder Gifte als Waffen verwendet, um die Gesundheit der Menschen zu schädigen.
chemische Waffen
Chemische Waffen gehören ebenfalls zu den Massenvernichtungswaffen. Hier handelt es sich feste, flüssige oder gasförmige Substanzen, welche giftig sind. Diese Waffen führen ebenfalls zu Langzeitschäden.
AHV
Die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) ist die obligatorische Rentenversicherung der Schweiz. Sie bildet zusammen mit der Invalidenversicherung (IV) und den Ergänzungsleistungen (Schweiz) eine angemessene finanzielle Sicherung der Existenz.
Nun bist du an der Reihe
Was meinst du? Wenn du abstimmen darfst, wie würdest du abstimmen? Was denkst du über die Themen im Allgemeinen? Ist es richtig darüber abzustimmen? Was denken deine Freunde und deine Familie darüber? Welche Gefühle kommen auf, welche Diskussionen entstehen?
Sprich darüber - und melde dich doch auch bei uns. Entweder mit einem Kommentar in der Kommentarspalte, auf Facebook oder durch unser Kontaktformular. Wir freuen uns auf Rückmeldungen.
Helfen Sie uns, Chinderzytig werbefrei und frei zugänglich zu halten!
Wir von der Chinderzytig möchten die Lesefreudigkeit fördern und nicht einschränken. Deshalb stellen wir unseren Inhalt gratis zur Verfügung.
Unterstütze uns